(5. Monat) Tradition mit Füßen getreten

5. Monat unserer Reise (Sri Lanka)

Wie soll ich es formulieren? Schlechtes Benehmen würde mein Oma jetzt zu mir sagen.
Wir sind seit über 30 Tagen im gleichen Hotel auf Sri Lanka. Durch den langen Aufenthalt haben wir uns mit den Hotelangestellten ein bisschen angefreundet. Die letzten Tage wurde am Pool eine Sonnenüberdachung gebaut mit Zimtholz. Das Holz duftet so wunderbar nach Zimt, das wir vorgeschlagen haben aus dem Restholz ein Lagerfeuer zu machen. Gesagt getan, wir haben noch eine Flasche vom Sri Lanka “Whisky” – Arrak organisiert und um das Essen hat sich das Hotel gekümmert. Es gibt hier im Ort eine Küche für die Hotelangestellten, wo einheimische Gerichte bestellt werden können. Das war für uns eine tolle Gelegenheit tiefer in die Kultur und deren Gebräuche einzutauchen. Dieses Privileg wollten wir nicht für uns alleine in Anspruch nehmen und informierten auch andere Hotelgäste. Eine Familie mit 3 Kindern fand es toll und wollte später dazu kommen, denn sie wollten vorher auswärts Essen gehen. Wir sprachen das Essen mit dem Hotel ab, denn so “spicy” können wir Norddeutschen nicht essen. Alles wurde hergerichtet und ein kleines Feuer brannte schon. Stühle und kleine Pooltische wurden herangeschafft und das Essen wurde auf großen Servierschalen auf den Tisch gestellt.
Plötzlich tauchte dann die Familie mit den 3 Kindern aus England auf. Sie saßen erst kurz am Feuer und dann nahmen sie sich von den Speisen auf dem Tisch. Wir waren etwas überrascht und fragten sie, ob das denn abgesprochen sei. Oh, sorry! Aßen dann aber munter weiter. Die Hotelangestellten zogen sich instinktiv zurück, denn wir waren ja Gäste und das miteinander war dahin. Wir hatten als Europäer die Gebräuche verletzt. Mein Mann versuchte die Männer zu uns zu bewegen und fragte nach dem Brauch des Arrak trinkens. Alle Gläser waren gefüllt und wir warteten. Dann erzählte uns der Manager das sie vor dem Essen etwas Alkohol trinken und zum Essen nur Wasser. Sie essen ausschließlich mit den Fingern, denn so wird das Essen geschmackvoll gemischt. Wir fühlten uns als wenn wir die Tradition mit Füßen getreten haben, dabei haben wir eigentlich nichts gemacht. Doch wir fühlten uns durch das Verhalten der englischen Familie schlecht. Wir aßen nicht viel, denn wir hatten Sorge, dass die Männer vom Hotel nicht satt werden. Wir saßen noch eine Weile höflich zusammen und unterhielten uns. Die Familie mit den 3 Kids ging einfach mit den Worten, das sie morgen früh aufstehen müsse.

Wir halfen mit aufzuräumen, die Tische und Stühle wieder auf ihren ursprünglichen Platz zu bringen, das Geschirr in die Küche. Am nächsten Morgen hatten wir einstimmig beschlossen, das wir eine solche Erfahrung nicht noch einmal machen wollen. Wir gingen zum Manager und entschuldigten uns. Wir werden den Abend am Samstag wiederholen nur mit uns als Familie und Hotelangestellten. Wir haben gesagt, das wir keine Messer und Gabeln brauchen und wir brauchen auch kein Alkohol während des Essens. Wir freuen uns darauf und hoffen mehr von den Gebräuchen zu erfahren.

Samstag Abend und alle von unserer Familie und auch das Hotelpersonal freuten sich auf den Abend. Es wurde alles genauso hergerichtet wie am verpatzten Abend zuvor. Ein Feuer wurde aus dem restlichen Zimtholz angezündet und der Arrak stand schon mit einer Reihe von Gläsern auf dem Tisch. Wir holten noch schnell ein paar Stühle aus dem Restaurant und reihten sie ums Feuer herum auf.
Dann wurden wir eingeweiht wie ein geselliger Abend auf Sri Lanka erlebt wird. Jeder schenkt sich seinen “einheimischen Whiskey” selbst ein. So wie dieser am liebsten getrunken wird, mit Eis, mit Soda, mit Tonic oder pur. Das haben wir als sehr angenehm empfunden, denn in Deutschland übernehmen wir für alle Gäste das einschenken und manchmal ist die Situation doch etwas angespannt. Das kommt hier nicht vor. Dann wird mit einem lauten “Cheers” angestoßen getrunken. Dieser Shot wird zügig ausgetrunken. Dann erfolgt die zweite Runde und bei dieser Runde wird sich ein wenig mehr Zeit gelassen. Es gibt dazu Kottu (aus dünnem Fladenbrot, welches in kleine Stücke zerhackt und mit Gemüse, Fisch, Hühnchen und Kräutern und Gewürzen) welches sich mit einem Löffel auf die Hand genommen wird und nebenbei als kleine Vorspeise gegessen wird.
Auf einem anderen Tisch wird dann ein kleines Buffet auf gebaut. Heute gibt es Reis und Curry. Das Curry ist mit Tunfisch bestückt. Eine scharfe Sauce aus Respekt zu uns wird an diesem Abend in einem extra Schälchen serviert. Wir bedienen uns und essen und erzählen die unterschiedlichen Gebräuche zu Deutschland und Sri Lanka, die eine oder andere Anekdote kommt zum vorschein und wir lachen. Nach dem ersten Teller wird noch einmal Arrak eingeschenkt.

Es ist Brauch, wenn der Gast eine Falsche Arrak mitbringt, hat der Gastgeber auch eine Flasche Arrak zum anbieten. Bei dieser
Reihenfolge vom trinken und essen bekommen wir schon einen kleinen Glimmer, aber nicht nur wir sondern unser Hotelmanager auch! Das muss so sein, erzählt er uns! Ohne Glimmer kein schönes Essen. Er hat recht. Der Alkohol macht Appetit und wenn das Essen auf dem Tisch steht muss auch keiner mehr aufstehen. So darf sich der Alkohol frei entfalten und es herrschte eine ausgelassene Atmosphäre. Und zum Essen wir Wasser getrunken!
Wir suchten im Hotelgarten noch nach Reststücken vom Holz als das Feuer begann auszugehen. Der Abend sollte noch nicht enden. Das aufräumen ist wie in Deutschland nach einer geselligen Runde mit 12 Leuten echt ätzend. “Aber viele Hände schaffen ein schnelles Ende”, so sagte immer meine Omi!
Seit dem Abend werden wir anders im Hotel behandelt. Sie sind alle so nett und freundlich und die Portionen auf den Tellern sehen größer aus als bei den anderen Gästen. Heute morgen ging ich hinunter und bestellte mir wie üblich einen Tee, da kam schon einer der Angestellten auf mich zu und sagte, das ist doch dein letzter Tag hier, oder? Er schaute ganz traurig und ich meinte nur: “Wir kommen wieder, ganz bestimmt”! Das war etwas für mein Herz, ich möchte nirgends auf der Welt einen schlechten Fußabdruck von uns hinterlassen.

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